Newsletter 02/2024 – Artikel 2

Klimasplitgerät: Muss der Gestattungsbeschluss sofort Auflagen für die Benutzung regeln?

Tauchen Hausgeldschuldner ab, sind Titulierung und Vollstreckung schwierig. Klimaanlagen und z. B. Klimasplitgeräte zählen nicht zu den gesetzlich privilegierten baulichen Veränderungen. Gleichwohl sind sie einer Gestattung durch Beschluss zugänglich, wenn sich eine Mehrheit findet. Fraglich ist, ob der Beschluss, mit dem die Installation gestattet wird, zugleich „über den Tellerrand schauen“ muss, indem er sofort Auflagen für einen bestimmungsgemäßen Gebrauch vorgibt. Das Landgericht Frankfurt am Main bejaht dies und ließ die Revision zum Bundesgerichtshof zu. Ob das Rechtsmittel eingelegt wurde, ist derzeit noch unbekannt…

Mit Urteil vom 06.06.2024 zum gerichtlichen Aktenzeichen 2-13 S 48/23 gab das Landgericht Frankfurt a.M. der Anfechtungsklage eines Wohnungseigentümers statt, der sich gegen die Gestattung der Installation eines Klimasplitgerätes auf dem Balkon der Wohnung direkt über ihm zur Wehr setzte. Neben dem Eingriff in die Bausubstanz und die optische Umgestaltung der Wohnanlage rügte er die von dem Gerät auch bei bestimmungsgemäßem Betrieb ausgehenden Geräusch- und Kondenswasseremmissionen. Das Landgericht gab ihm recht, nachdem das Amtsgericht Friedberg die Klage abgewiesen hatte.

Der Fall

Die Kläger sind Wohnungseigentümer der beklagten GdWE, die aus 11 Wohnungen besteht. Die Eigentümerversammlung vom 08.09.2022 beschloss, dem Eigentümer der Wohnung über den Klägern die Installation eines Klimasplitgerätes auf dem Balkon zu gestatten. Diese Wohnung und der Balkon befinden sich unmittelbar über Wohnung und Balkon der Kläger. Im Beschluss wird das genehmigte Klimasplitgerät wie folgt beschrieben:

„Energieeffizienzklasse – Kühlen: A++, Außengerät Schalldruckpegel: 50 dBA – im Regelbetrieb deutlich leiser. Die Sechste Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum Bundes-Immissionsschutzgesetz wird eingehalten. Diese besagt: In reinen Wohngebieten darf der Nachbarschaftslärm tagsüber höchstens 50 Dezibel erreichen. Nachts dürfen es maximal 35 Dezibel sein.“

Die Entscheidung

Das Amtsgericht hatte die Klage mit der Begründung abgewiesen, die bauliche Veränderung könne und dürfe nach § 20 Abs. 1 und Abs. 4 WEG durch einen Mehrheitsbeschluss gestattet werden. Die Installation des Geräts bewirke keine grundlegende Umgestaltung der Wohnanlage. Auch die zweite Variante des „Bauverbots“ nach § 20 Abs. 4 WEG sei nicht einschlägig, weil Betriebsgeräusche und Kondenswasser nicht von der baulichen Veränderung selbst ausgingen, sondern von dem Betrieb, der gegebenenfalls über entsprechende Gebrauchsregelungen in den Griff zu bekommen sei.

Das Berufungsgericht ist insoweit anderer Ansicht als das Amtsgericht. Es schließt sich der im Schrifttum vorherrschenden Rechtsauffassung an, wonach die Nachteile und Risiken, die bei einem bestimmungsgemäßen Gebrauch einer technischen Anlage zu erwarten sind, bereits ursprünglichen Beschlussfassung und im Rahmen des § 20 Abs. 4 WEG zu berücksichtigen seien. Die GdWE habe zusammen mit der Gestattung durch Auflagen sicherzustellen, dass der Gebrauch nicht zu unzulässigen Beeinträchtigungen im Sinne von § 20 Abs. 4 2. Alternative WEG führe.

Fazit für Wohnungseigentümer oder Verwaltungsbeiräte

Höchstrichterlich noch nicht geklärt ist, ob derartige Benutzungsvorgaben zwingend im Zuge der Gestattung der baulichen Veränderungen erfolgen müssen. Der Gesetzeswortlaut ist insoweit nicht eindeutig. Er spricht von der Durchführung der Maßnahme. Gestattet der Beschluss dem einzelnen Sondereigentümer eine individuelle bauliche Veränderung, führt dieser die Maßnahme durch, nicht die GdWE. Sprachlich lassen sich Benutzungsregelungen (Gebrauch) von der baulichen Maßnahme selbst abgrenzen. In pragmatischer Hinsicht könnte eine nachträgliche Beschlussfassung über konkrete Nutzungsvorgaben den Vorteil haben, dass er durch den tatsächlichen Betrieb feststehen wird, ob und inwieweit es Beeinträchtigungen, Nachteile oder gar Verstöße gegen öffentlich-rechtliche Vorgaben gibt. Bei Klimasplitgeräten gibt es beispielsweise in Klimaschutzgesetzen der Länder einschlägige Vorschriften.

Split-Klimaanlagen bestehen aus einem Innengerät (Wärmetauscher) innerhalb des räumlichen Bereichs der Wohnung und dem Außengerät (Kompressor), die für gewöhnlich durch eine Kältemittelleitung und Strom verbunden sind. Das Innengerät fällt nicht unter § 20 WEG, sondern unter § 13 Abs. 2 WEG, jedenfalls dann, wenn es fester Bestandteil der Wohnung wird. Ein mobiles Innengerät ist kein wesentlicher Bestandteil, und darf wohnungseigentumsrechtlich gesehen gestattungsfrei aufgestellt werden.

Fazit für die Gemeinschaft

Das Landgericht Frankfurt a.M. sieht in dem Gestattungsbeschluss einen Verstoß gegen die Grundsätze ordnungsmäßiger Verwaltung, weil er keine hinreichenden Auflagen enthält, die von Beginn an sicherstellen, dass der bestimmungsgemäße Gebrauch nicht zu Beeinträchtigungen im Sinne von § 20 Abs. 4 WEG führt. Maßgeblich für die Beurteilung der Rechtslage ist der Zeitpunkt der Beschlussfassung, also der Beschlussergebnisverkündung in der Versammlung. Allerdings könnten nachträgliche Vorgaben durch einen ergänzenden Zweitbeschluss hinzugefügt werden, der dann seinerseits ordnungsmäßiger Verwaltung entsprechen müsste.

Grundsätzlich liegen Anspruchsberechtigung und Rechtsverfolgungskompetenz bei Störungen des gemeinschaftlichen Friedens bei der GdWE. Allerdings ist höchstrichterlich anerkannt, dass der einzelne Sondereigentümer allein und ohne Ermächtigung seitens der GdWE eigene Abwehransprüche geltend machen darf, wenn es konkrete tatsächliche Störungen des räumlichen Bereichs seines Sondereigentums gibt. Wegen der direkten Nachbarschaft beider Balkone wäre dies vorliegend zu bejahen. Der „Spießrutenlauf“ (Geltendmachung eines Anspruchs der Kläger gegen die GdWE auf Einwirkung gegen die störenden Miteigentümer) bliebe den Klägern also erspart.

VDIV Urteile vom 15.07.2024